Medien und Kritik – Das Online Magazin

Ein Wort zum verkommenen Journalismus – Marke pflegeleicht und hochbezahlt

Posted in Medienseilschaften by Pangloss on 29. Oktober 2005

(Wien, im Oktober 2005) Die Wiener Medienlandschaft ist ein Dorf und in jedem Dorf gibt es den Dorfnarren. Dieser hat Narrenfreiheit. Einige Reiche stecken ihm Geld zu, damit sie weiter von ihm unterhalten werden und verschont bleiben.

(Dr.) Christian Konrad ist der Generalmanager der Raiffeisenlandesbank Wien-Niederösterreich. Er steckt (Dr.) Christian Rainer in der Stunde 1.200 Schilling zu. Also an einem Arbeitstag mit acht bezahlten Stunden für Sesselwärmen, Zeitungslesen und Nachdenken, wo man wieder abschreibt, 698 Euro. Das ist der Monatssatz, mit dem ein Wiener Sozialhilfeempfänger (rund 90.000 Personen) inklusive Mietzuschuß einen ganzen Monat (410 Euro plus 240 Euro Mietzuschuß plus 60 Euro Heizzuschuß) haushalten muß. So etwas kann einen in große Rage und tiefe Wut auf den publizistischen Stand versetzen.

Wenn dann das Branchenblatt „Extradienst“ des anderen Wiener Parvenüs (=kulturloser Emporkömmling, Duden) Christian W. Mucha, der sich Stil auch nicht mit seinem Geld wie Pensionsjahre nachkaufen kann , in einem trostlosen „Ranking“ verlautbart, dass der Wiener Publizist Christian Rainer angeblich der 10. wichtigste Medienmann von Österreich sein soll und zudem „Ferrari-Fahrer“ ist, wird die Wut noch größer. Ich erlaube mir diese Wut und lasse sie mir auch nicht nehmen. Denn hier liegt der Hase im Pfeffer.

Extradienst: Desideratlos und keine Richtschnur

Gewiß: Das Branchenblatt „Extradienst“, das neuerdings im bekömmlich-desideratlosen Konsumdesign daher kommt, ist wahrlich weder intellektuelle Richtschnur noch Mass der Vernunft. Man muss auch die Hintergründe kennen. Da bewohnt der neureiche Herausgeber Mucha ein Haus am Wiener Kassgraben und in direkter Nachbarschaft bewohnt Wolfgang Fellner ein Landhaus. Manchmal macht man gemeinsame verlegerische Sache. Einmal wird Muchas Gemahlin Barbara Mucha in „News“ zufällig erwähnt und portraitiert. Umgekehrt macht Fellner ein „exklusives“ Interview in der Hollywood-Schaukel seines Hausnachbarn, das dann Seiten weise im Branchenblatt „Extradienst“ ausgewälzt wird.

Die alte Mafia-Manier: Hilf und schütze Dich gegenseitig, dann kann Dir nichts geschehen.

Als nach der Fusion der News-Gruppe mit dem Profil-Trend-Verlag zwei Verlagsgruppen zu „Formil“ harmonisch zusammen flossen wie die alte Donau mit den neuen Donau am Wiener Ölhafen, wurde die Zusammenarbeit um einen weiteren Baustein erweitert.

Christian Rainer, ein eitler, uninteressanter Schreiberling, der auf großstädtisch tut (roter Ferrari, Wohnung im Herrengassen-Turm, Single-Dasein, Nadelstreifanzüge), stieß in den Freundeskreis dazu. Er besitzt auch einen Jagdschein, um mit seinem sehr reichen Freund Christian Konrad gelegentlich auf die Pirsch zu gehen. Plötzlich ist er im „Ranking“ des „Extradienst“ der 10. wichtigste Medienmann Österreichs. So läuft das zusammen. Wie die alte mit der neuen Donau am Ölhafen. Gut geölt.

Mucha, Rainer, Fellner: Neophrenale Parvenüs unter sich

Es hackt eine Krähe der anderen eben kein Auge aus, wenn es ums „Geschäft“ geht. Ich halte weder den Kettenraucher Christian W. Mucha (Extradienst-Herausgeber) noch den 698-Euro-Mann Christian Rainer (Trend/Profil-Herausgeber) im publizistischen Sinn für wichtige Männer. Mucha weiß warum, ich muss das nicht ausführen. Es existiert ein langer Faxverkehr.

Warum ich Christian Rainer für keinen wichtigen Mann halte, sei hier kurz erwähnt. Vorauszuschicken ist, dass das höchste Gut eines Mannes seine Ehre ist. Wenn ein Mann sein Wort nicht hält, verliert er seine Ehre, ist kein Ehrenmann mehr und dann hat er sich erübrigt.

Die „Ehrensache“ – rein persönlich betrachtet

Der Grund für diese Behauptung ist ein rein persönlicher. Vor zwei Jahren schlug ich dem damals 42-Jährigen „studierten Volkswirt und Juristen aus Gmunden“ Christian Rainer in seiner Funktion als „Trend“-Herausgeber eine große, wirtschaftsorientierte Recherche zum Pornografie- und Lust-und-Liebe-Markt vor. Ich sagte ihm das mündlich per Telefon, wir telefonierten mehrfach. Und per Email. Ich meinte sinngemäß: „Sehen Sie: Ich fahre in vier Wochen drei Tage auf die größte pornografische Fachmesse nach Berlin, auf die „Venus“. Ich besitze seit Jahren vermutlich das größte private Archiv. Ich bin aktuell über Händlerkontakte sehr am Laufenden, was am Markt zählt und geht. Der Berlin-Aufenthalt kostet Sie nichts. Wir können Seitenblicke in den Zeitschriftenmarkt und auf ihre Macher werfen, meine Sammlung geht in die 2.000 Printexemplare. Historische und gegenwärtige Magazine, regionale und internationale. Den Online-Markt beobachte ich sehr genau, die Linksammlung, die regelmäßig gescannt wird, ist beachtlich. Den Direkt-Dienstleistungsmarkt, die Studios, Salons und Lokale beobachte ich durch viele Kontakte ebenso. Ziel einer Hintergrund-Geschichte soll sein, das Nutzungsverhalten, Kauf- und Trendverhalten zu beschreiben. Besonderes Augenmerk: Frauen als boomender Kundenkreis. Dazu gibt es Studien, die ich habe. Auf der Berliner Messe wird übrigens auch Larry Flint aus den USA da sein, er könnte als internationaler Pionier, Eisbrecher und Farbtupfer der Geschichte Farbe geben.“

Und so weiter. Das ungefähr erzählte ich ihm. Das übliche Palaver, das man einer Zeitung vorschlägt, will man ins Gespräch kommen. Also durchaus, wenn man so will, im Thema engagiert und mutig. Ich schrieb ihm ferner, dass ihm die Geschichte über vier bis fünf Druckseiten in der Endfassung keine 2.000 Euro kostet. Arbeits-, Strukturier- und Schreibzeit voraussichtlich einen Monat. „Sie bekommen es also günstig. Zusätzliche Spesen erwachsen Ihnen nicht, es ist alles im Pauschalbetrag enthalten.“

Rainer: „Pornografiemarkt kein Thema für den Trend“

Christian Rainer ist seit 1997 Herausgeber und Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins „Trend“ und seit 1998 auch Herausgeber und Chefredakteur der Wochenzeitschrift „Profil“.

Seine knappe und überraschende Antwort: Der „Trend“ bringt keine Geschichten über den Pornografiemarkt. Christian Rainer wörtlich: „Der Pornografiemarkt ist kein Thema für den Trend.“

In der Ausgabe November 2005 bringt „Trend“ eine Titelgeschichte „Das Geschäft mit der Liebe“.

Ende 2003 sagte Herausgeber Christian Rainer zu Marcus J. Oswald kategorisch: Der Pornografiemarkt ist kein Thema für den Trend. Im November 2005 bringt er eine Titelgeschichte zum Thema - im Trend.

Umgangssprachlich nennt man das Sozialverhalten des Christian Rainer eine glatte Lüge.

Die „Titel-Geschichte“ schrieben interessanterweise zwei Figuren des Mediengewerbes, die sich bisher nicht unbedingt als Experten und Insider im Lust-Sektor präsentierten.

Alternder Gewerkschaftsapparatschick schreibt Geschichte über Liebesmarkt

Ein Autor ist Franz C. Bauer. Franz C. Bauer ist mittlerweile der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Druck, Journalismus und Papier (DJP), also der Journalistengewerkschaft. Ein Kollege, der kürzlich auf einer Versammlung der DJP war, erzählte mir, dass Bauer ein Apparatschick ist, der jedes Gefühl für die realen Probleme im Medienmarkt missen lässt. In Betongewerkschafter-Manier vertritt er ausschließlich nur die Interessen der angestellten Journalisten. Er missachtet, dass vermutlich schon 50% aller im Medienbereich beschäftigten Personen low-cost-Mitarbeiter mit entweder freien oder pauschalierten oder gar keinen Verträgen Zeitungen zuarbeiten. Außerdem ignoriert Bauer die neuen Visionen wie zivilgesellschaftlichen NGO-Journalismus und Internetjournalismus völlig.

Franz C. Bauer, hier bei einer Rede, in der er die Wiedereinführung des Presserates als aus seiner Sicht dringlichstes Problem der Medienlandschaft fordert. (Foto: DJP, Repro: MJO)

Immer wenn ich Bauer begegne, sehe ich den ungefähr 60-Jährigen, der eigentlich Börsen- und Finanzjournalist ist, im bürgerlichen Tweed-Sakko im noblen Café Prückel. Dort disputiert er dann die (aus seiner Sicht) dringlichen Fragen der Zeit mit Freunden bei Kaffee und Kuchen. Zur Co-Autorin des aktuellen „Trend“-Artikels, der Publizistin Michaela Ernst, ist zu sagen, dass sie eine Weile im „Kurier“ (gleicher Verlagskonzern wie „Trend“) 1.500 Zeichen lange TV-Kritiken schrieb, die die Welt nicht aus den Angeln hoben.

Ernst schrieb über etwas, das zwei Tage zuvor im Fernsehen lief. Später beglückte sie die durch Gastgeschenke verwöhnte Abonnentenleserschaft des „Kurier“ mit Weichzeichner-Reportagen in der uninteressantesten aller österreichischen Wochenendbeilagen, im Kurier „Freizeit“. Danach war sie kurz Chefredakteurin der ungemein wichtigen Neo-Biedermeier-Konsumzeitschrift für die moderne Luxusfrau: „HOME“. Chefredakteurin des „Koch- und Backmagazin“ war sie noch nicht. Nun darf man ihre wertvollen Berichte im „Trend“ lesen.

Für mich gute Gründe, dieses Blatt niemandem zu empfehlen.

Marcus J. Oswald (Ressort: Medienseilschaften)