Turboinvestor Klaus Umek klagt den „Standard“ – abgeblitzt

Landesgericht Wien.
(LG Wien, am 14. Oktober 2010) Der Begründer der Investmentfirma Petrus Advisers LLP, hinter der keine geringeren Mangnaten als Multimillionär Hans-Peter Haselsteiner (Strabag-Inhaber, größte Baufirma Österreichs) und „Sanierer“ Erhard Grossnigg stehen, kommt am 14. Oktober 2010 zu seiner eigenen Medienrechtsverhandlung zu spät. Sein Anwalt und er fliegen um vier Minuten nach 14 Uhr wie der Wind in den Gerichtssaal 306. Richter Gerald Wagner wartet geduldig.
„Österreichs bekanntester Investmentbanker“
Klaus Umek wird in der Wirtschaftsfachpresse als „Österreichs bekanntester Investmentbanker“ (Wirtschaftsblatt, 12. Oktober 2010) bezeichnet. Er war bis 2009 das Zugpferd der Finanz-Firma Goldmann Sachs. Im Oktober 2009 gründete er „auf eigene Rechnung“ eine Investmentfirma in London. Gut zwei Duzend einflussreiche Geldmagnaten stünden hinter ihm, darunter besagter Hans-Peter Haselsteiner von „Strabag“ (13 Milliarden Euro Jahresumsatz). Klaus Umek nannte seine Firma sofort nach einem großen Namen: „Petrus“.
Zu Beginn 2010 begann der erste große Schlag der „Petrus Advisers LLP“. Man stieg als „Minderheitenaktionär“ bei Conwert Immobilien in Wien ein. Firmen-Gründer Günter Kerbler, der der „grünen“ Partei zugerechnet wird und der das Unternehmen vor dreißig Jahren gegründet hatte (daneben hielt er lange Zeit rund fünf Prozent an der „Falter Verlagsgesellschaft“), kurierte soeben einen Herzinfarkt aus. Er wurde beinahe kalt vom polternden Raubtierkapitalismus des Neoinvestors überrascht. Klaus Umek nahm im Aufsichtsrat Platz, und laufend kündigten alte Vorstände und Aufsichtsräte oder verließen das Unternehmen, denen der neue Stil nicht gefiel. Die heimische Wirtschaftspresse (Trend, Wirtschaftsblatt, Standard, Presse) berichtete über die internen Vorgänge in der großen Immobilienfirma „Conwert“ mit Sitz in Wien-Josefstadt in der Albertgasse.
Zeitungsbericht über drohende Ermittlungen der FMA
Am 25. August 2010 berichtet der „Standard“ in einem Artikel, dass die FMA (Finanzmarktaufsicht) zu Klaus Umek ermittelt. Verdachtslagen seien Insidergeschichten rund um Bewegungen beim Aktienkurs kurz vor dem Einstieg der Petrus Advisers. Außerdem berichtet der „Standard“ über Vorgänge und Abläufe bei Aufsichtsratssitzungen. Diesen Beitrag vom 25. August 2010 klagt der Anwalt von Klaus Umek nun „auf Gegendarstellung“ in einem Vorverfahren zu einem eigentlichen Medienstrafverfahren ein.
Klaus Umek ist etwa 40 Jahre alt, blond, mit kurzgeschnittenem Seitenscheitel und scharf ausrasiertem Nacken. Der Anzug sitzt. Man wähnt sich in einer Hauptversammlung. Es kann zur Sache gehen. Als er um vier Minuten zu seiner eigenen Verhandlung zu spät kommt, legt er den dunkelblauen Burberry-Mantel ab und hängt ihn feinsäuberlich über die erste Stuhlreihe der ersten Publikumsreihe, damit der Mantel nicht zerknittert. Ein Burberry-Herrenmantel kosten einen schlappen Tausender, sitzt aber gut um die Schultern.
Umek sah „vier Fehler“ im Bericht
Klaus Umek ist ungeduldig in seinem Medienprozess. Das Gericht ist nicht sein Terrain. Er faltet die Hände geduldig zusammen. Es wird nur drei Minuten dauern. Dann ist der Prozess schon wieder aus. Wenn man so will: Fehler im System. Der Richter beschließt die Verhandlung um 14 Uhr 07: „Das Begehren auf Gegendarstellung wird abgewiesen.“ Die Gründe sind einfach – und kommen bei „Gegendarstellungsverfahren“ oft vor: Der so genannte „Anti-These-Text ist zu ungenau“. Daher sagt Richter Wagner: „Ich bin der Meinung, dass die Gegendarstellung genauer ausgeführt gehört. Der Leser versteht unter Insiderhandel alles, das ist ein Überbegriff. Außerdem ist die zweite Antithese nicht kontradiktorisch.“ Zu deutsch meint der Richter: Kläger Umek und sein Anwalt haben in einem Punkt nicht klar auf den konkreten Vorwurf erwidert. Verhandlung Ende.
Klaus Umek geht das zu schnell. Er fühlt sich überrumpelt. Er öffnet die gefalteten Hände. Zum Richter: „Für mich als Nicht-Jurist: Was heißt das nun für uns?“ Richter erklärt es ihm extra: „Auf eine Primärmitteilung muss eindeutig entgegnet werden.“ Umek versteht die Welt nicht: „Aber es sind vier falsche Aussagen im Beitrag enthalten!“ Richter: „Aber, es muss auf jeden Punkt eindeutig in einer Anti-These entgegenet werden.“ Umek wundert sich, dass keine Zeugen geladen sind. Der Richter erklärt ihm die Rechtswelt: Dass das „Gegendarstellungsverfahren“ ein Sonderverfahren und eine Vorstufe zum Hauptverfahren nach Medienrecht ist. Erst wenn eine begehrte Gegendarstellung gewährt wird, könne man ein Hauptverfahren nach „Üble Nachrede“ machen. Dann empfiehlt er Umek, dass er sich von seinem Anwalt aufklären lässt.
Höhere Berufung
Umeks Anwalt, der einen Schriftsatz eingebracht, kommt nur kurz zu Wort. Er kündigte einen Gang in die Instanz vor das OLG an. Gibt das OLG Recht, kann ein Medienverfahren nach § 6 Mediengesetz eingeläutet werden. Dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Der Standard ist durch die Kanzlei CMS vertreten.
Was der „Standard“ am 26. August 2010 unter anderem mit dem Satz „Behörde interessiert sich für Einstieg von Petrus Advisers bei Eco Business“ geschrieben hat, wurde von der Realität eingeholt. Im September 2010 wurde in neuen Berichten bestätigt, dass die FMA tatsächlich nähere Ermittlungen aufgenommen hat. Klaus Umek klagt aber nur den Artikel vom 26. August 2010 und ist damit einmal am 14. Oktober 2010 vor dem Landesgericht Wien abgeblitzt.
Marcus J. Oswald (Ressort: Medienrecht) – Saal 306, 14. Oktober 2010, 14 Uhr 00 – 14 Uhr 08 (nur ein Zuhörer)
Nationalrat Gerhard Huber klagt „NEWS“

NR Gerhard Huber, im Bild links Außen, auf einer Reise in Buthan, klagt das Magazin NEWS. (Foto: privat)
(Wien, im Oktober 2010) Der Nationalrat Gerhard HUBER aus Lienz in Osttirol ist derzeit in Mediensachen am Landesgericht Wien aktiv. Er klagt NEWS. Noch ist nicht klar, worum es geht. Es stehen drei Dinge zur Auswahl:
Die ganz alte Geschichte. 2009 war der Herausgeber dieses Journals drei Stunden beim Nationalrat in seinem Büro im Parlament, um sich persönliche Aufklärung darüber einzuholen, dass an der Anzeige gegen ihn nichts dran ist. Gegen den Abgeordneten zum Nationalrat liefen im Oktober 2009 Ermittlungen durch das Bundeskriminalamt. Dem Abgeordneten wurde kurzfristig die Immunität entzogen. Er stellte seine Mitgliedschaft im BZÖ-Klub vor den damaligen Oberösterreich- und Vorarlberg-Wahlen ordnungsgemäß ruhend und war mehrere Monate „wilder Abgeordneter“. Als Hauptbelastungszeuge gegen den Abgeordneten traten ein tätowierter Burschenschafter und Türsteher auf, sowie ein als V-Mann agierender frühpensionierter Polizist, der sich im Burgenland als Detektiv verdingt, weil dort die Lizenzen um ein Zehnfaches billiger zu haben sind als in Wien. Man wollte etwas gegen den Nationalrat finden. Doch der fünffache Familienvater beteuerte in einem langen Gespräch mit dem Herausgeber seine Schuldlosigkeit. Es ging um zahlreiche, verwirrend klingende Dinge, etwa, dass sich türkischsprachige Unterlagen der Kontrollbank im Ermittlungsakt befinden, dass der glücklich verheiratete Familienvater eine Liebschaft mit einer Asylwerberin haben solle, dass er Essigsäureanhydrid nach Österreich schmuggeln solle, mit dem nebenbei Heroin aufbereitet werden kann oder, dass er Läger und Hallen für gefälschte Textilmarkenware unterhalte. Er wusste von dem allem nichts und seine Darstellungen klangen überzeugend. Die Vorwürfe kamen alle aus einer Ecke, von einer verfeindeten Burschenschaft im 8. Wiener Bezirk. Darum wird es aber nicht in der Medienklage gehen, denn die Vorwürfe standen nicht in „NEWS“, sondern in „PROFIL“, das dem geschassten Burschenschafter und Ex-Praktikanten des Abgeordneten, Jochen L., Platz zur Darstellung gab.

Um diese Falllage geht es in der Medienklage nicht. (Foto: Akt)
Es gibt eine zweite Variante, worum es in der Medienklage gegen „NEWS“ gehen könnte. So brachte das Unterhaltungsmagazin des Herausgebers Oliver Voigt kürzlich eine „Analyse“ der „sozialen Netzwerke der Nationalratsabgeordneten“. Bisher waren nur die obligaten Listen der „faulsten Abgeordneten“ in der Illustrierten nachzulesen. Diesmal malte „NEWS“ Diagramme auf und behauptete, dass Gerhard Huber derjenige Abgeordnete sei, der das „kleinste soziale Netzwerk aller Abgeordneten“ habe. Indirekter Vorwurf: Wer keine Lobbyisten im Hintergrund hat, ist faul. Man wird sich überraschen lassen, ob Gerhard Huber dagegen Klage erhob.
Die dritte Variante ist nicht unmöglich: Kürzlich brachte abermals die Raiffeisen-Zeitung des selbsternannten Journalisten-Dandies Christian Rainer, „PROFIL“, einen Bericht, wonach Gerhard Huber in einem Bezirkswahlkampf in Lienz Leute für eine Unterstützung angesprochen habe. Teilweise war deren Unterschrift in die Unterstützungsliste aber wertlos, da einige Unterzeichner keinen Wohnsitz im Bezirk Lienz hatten. Daraus machte die Raiffeisen-Zeitschrift „PROFIL“ das Thema, dass Vorsatz vorläge und der Nationalrat gezielt Leute zur Unterschrift in die Liste ausgewählt hätte, die keinen Wohnsitz im Wahlbezirk hätten. Man unterstellte ihm „Wahlbetrug“ im Vorsatz. Das ist natürlich absurd und realitätsfern von den klugen „Enthüllungsjournalisten“ des „PROFIL“, da bei Unterstützunglisten immer welche dabei sind, die am Ende herausfallen, weil die Eckdaten nicht stimmen. Der Herausgeber hat – nebenbei – auch kürzlich eine Kleinpartei im 20. Bezirk per Unterschrift unterstützt, doch er wohnt im 9. Bezirk. Daher fällt seine Stimme am Ende heraus. Das kann geschehen.
Diese drei Optionen stehen für eine Medienklage offen: Der alte Hut mit dem Verschlussakt, in dem Burschenschafter und pensionierte Polizisten eine Allianz eingingen (2009). Der Bericht über mangelnde soziale Vernetzung in „NEWS“, der indirekt Faulheit unterstellt. Der Bericht in „PROFIL“, der Wahlbetrug im Vorsatz unterstellt und Irrtum ausschließt. Man darf gespannt und wird vor Ort sein.
- 14 Oktober 2010, 13 Uhr 30, Saal 306. § 6 MedienG (Üble Nachrede)
Geschäftszahl: 113 Hv 95/10h
Richterin: Mag. Gerald WAGNER
ASt: Gerhard HUBER (Nationalratsabgeordneter des BZÖ in Wien)
AStV: RAe BERGER, SAURER, ZÖCHBAUER (auch: Verlagsanwalt der Zeitungsgruppe „Österreich“)
AG: Verlag NEWS
AGV: RA Dr. Hubert SIMON
Marcus J. Oswald (Ressort: Termindienst)
Tageszeitung HEUTE – Gegendarstellung für Andreas Unterberger

Gericht sagt: Andreas Unterberger hat keine neuen Abonnenten als Geschenk versprochen.
(Fotoquelle: Tageszeitung Heute, 4. Jänner 2010, S. 4)
(Wien, im Jänner 2010) Die Wiener Tageszeitung „Heute“ hat einen Medienprozess verloren, in dem ein kleiner Beitrag eingeklagt wurde. Darin wurde behauptet, dass der Chefredakteur Andreas Unterberger zum Antritt in der staatlichen „Wiener Zeitung“ die traditionell an Abonnenten schwache Tageszeitung aufrichten und ihr „5.000“ neue Stammleser bringen wollte. Das behauptete die Tageszeitung „Heute“, die keine Abonnenten, sondern hunderttausende Gratisleser hat.
Doch diese Behauptung war unwahr. Der Chefredakteur der „Wiener Zeitung“, der am 8. Oktober 2009 aus der Leitungsfunktion der einzigen staatlichen Zeitung Österreichs entlassen wurde, klagte gegen die Kleinnotiz in „Heute“ vom 28. September 2009 (Seite 6) und bekam Recht. Da die Zeitung „Heute“ nicht beweisen konnte, dass Andreas Unterberger tatsächlich „5.000“ neue Abonnenten versprochen hatte, musste sie eine Gegendarstellung veröffentlichen. Darin wird nun festgehalten, dass der konservative Zeitungsmann tatsächlich „bei seinem Antritt“ am 1. Mai 2005 keine neuen Abonnenten versprochen hat.
Lebensferne Gerichtsbarkeit
Merkwürdige Gerichtsbarkeit. Da der Autor der „Heute“-Zeilen nicht wie ein Detektiv beweisen konnte, etwa mit verstecktem Tonband, dass Unterberger tatsächlich „gesagt“ hat, dass er neue Abonnenten bringt, ging der Prozess den Bach hinunter. Michael Rami verlor. Es ist schon merkwürdig, was Medienrichter an Beweisbarkeit verlangen. Denn selbstverständlich will ein Neuer in einer großen Zeitung einiges und vieles neu machen und dazu gehört auch, dass er verspricht, neue Leser zu gewinnen. Wäre das nicht so, bräuchte es keinen neuen Besen. Doch Unterberger klagte dagegen, denn es kam heraus, dass nach vier Jahren seiner Chefredaktion keine neuen Abonnenten dazu kamen. Diese Kausalität wollte die Zeitung „Heute“ herstellen, nämlich, dass er etwas versprochen und nicht gehalten habe. Unterberger durchbrach die Kausalkette, indem er festhielt, dass er gar nichts versprochen habe und daher auch nichts gebrochen haben könne. Er klagte die Behauptung ein (er wollte Abonnenten gewinnen), weil er seine Leistung nicht an Verkaufszahlen, sondern an Inhalten gemessen sehen will. „Ich habe über die Entwicklung der Verkaufszahlen überhaupt keine Aussagen gemacht“, so der Ex-Chef der „Wiener Zeitung“.

Silver Ager Andreas Unterberger entdeckte das Internet.
Posting-Gigant Unterberger
Heute verkauft er auch nichts. Das ist nicht falsch. Er lebt gut von seinem Vertragsrest (Abfertigung) nach seiner vorzeitigen Entlassung durch Bundeskanzler Werner Faymann und betreibt einen Blog, der im Monat rund 30.000 Seitenzugriffe verbucht. Das scheint ihm viel. Es ist mittelviel, aber nicht die Welt. Der 61-Jährige will es ausbauen und hält engen Kontakt mit seinen Stammlesern. Er ist der „Posting-Domteur“ im Internet. 279 Postings unter einem Beitrag ist unzweifelhaft bemerkenswert.
Beispiel: Beitrag aus Andreas Unterbergers Tagebuch – Thema Werner Faymann (plus 279 Postings!)
Marcus J. Oswald (Ressort: Medienrecht, Heute)
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