Medien und Kritik – Das Online Magazin

Beschlagnahmungen von Juli bis Oktober 2013

Posted in Deutschland, International, Medienrecht by Pangloss on 7. Oktober 2013
Die deutsche BPjM setzt Medien auf den Index. (Foto: Logo)

Die deutsche BPjM setzt Medien auf den Index. (Foto: Logo)

(Wien, im Oktober 2013) In den letzten drei Monaten wurden in Deutschland wieder einige Medien, Tonträger, Videofilme, Computerspiele und Bücher beschlagnahmt respektive auf den „Index“ der jugendgefährdenden oder jugendgefährenden und strafrechtlich relevanten Inhalte gesetzt.

Nie wieder arbeiten – NWA

Highlight des dritten Quartals 2013 war sicher die Musik-CD „NWA“ des Bushido-Schützlings „Shindy“. Der Rapper brachte die CD im Label bushidoersguterjung GmbH am 12. Juli 2013 heraus, doch schon am 16. Juli 2013 brachte die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien am Amtsgericht Berlin einen Antrag auf Beschlagnahme ein, der am 19. Juli 2013 bewilligt wurde. Wie immer bei Rappern machen mehrere Leute, sogenannte Gastsänger, auf Alben mit. In diesem Fall ist auf vier der 14 Tracks Bushido zu hören, auf drei anderen Songs sind Gastsänger wie Julian Williams und Eko Fresh. Indizierungsgrund waren die Songs Martin Scorsese, Springfield, Kein Fick und Stress ohne Grund. Bei letzterem sahen sich deutsche Bundespolitiker zur Anzeige gegen Bushido angeregt.

In einer Erklärung thematisiert die Bundesprüfstelle den Fall auf ihrer Webseite. „Das Gremium stufte Inhalte der CD als jugendgefährdend ein, weil sie verrohend wirken, zu Gewalttätigkeiten anreizen und Frauen und Homosexuelle diskriminieren. Den Jugendschutzbelangen war nach Abwägung mit der Kunstfreiheit der Vorrang einzuräumen.“ Der Tonträger darf zwar weiterhin verkauft werden, jedoch nur mehr an Erwachsene und „unter dem Ladentisch“. Bewerbung auf Webseiten und im Versandhandel sind gegen Pönale untersagt.

Am 5. September 2013 wurde die „Causa Bushido/Shindy“ rechtlich im Sinne des Jugendschutzes bestätigt und die Beschlagnahme wurde verlängert. Die Gründe blieben die gleichen, diesmal befasste sich das „12-er-Gremium“ der Bundesprüfstelle mit dem Medienwerk.

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Auch sonst gab es in deutschen Landen Arbeit für die Jugendschutzkommission. Im Video- und Gamemarkt wird gemordet, geschossen und getötet, im Musikmarkt zur Gewalt aufgerufen. Daher wurden zahlreiche Indizierungen vorgenommen. Sie sind entnommen dem deutschen Bundesanzeiger und werden hier gelistet.

Bücher:

Mit Beschluss vom 31. Juli 2013 wurde der rechtsradikale, deutsche Theologe Johannes Rothkranz und sein weltverschwörerisches Buch „Protokolle des Weisen von Zion – erfüllt!“, Band II Teil 1, Anton S. Schmid-Verlag auf den Index gesetzt. Laut deutscher Bundesprüfstelle hat es jugendgefährdende und strafrechtlich relevante Inhalte.

Musik:

Mit dem gleichen Kriterium „jugendgefährdende und strafrechtlich relevante Inhalte“ wurden mit Kundmachung am 31. Juli 2013 im deutschen Bundesanzeiger zwei Musikstücke belegt:

Zum einen die Gruppe Erschiessungskommando mit dem Lied „Todesmarsch“, verlegt im Verlag Freivolk, unbekannter Adresse. Die Gruppe No Alibi, die allerdings in Buffalo/USA beheimatet sein soll, darf ihr Lied „Wickedness of Mankind“ nun ebenfalls in Deutschland nicht mehr verbreiten und verkaufen.

Als „jugendgefährdend“, ausgeschlossen vom Freiverkauf an alle Altersgruppen, wurden mit Kundmachung am 31. Juli 2013 im deutschen Bundesanzeiger vier weitere Bands und ihre Lieder eingestuft:

Die Gruppe Häretiker mit ihrem Musikstück „Die Fessel reißt“, verlegt bei National Resistance Records in Alzey, wird als „jugendgefährdend“ eingestuft. Ebenso die Gruppe Hassgesang mit dem Lied „Generation, die sich wehrt“, verlegt bei PC Records in Chemnitz. Ferner die Gruppe Die Liebenfels Kapelle (DLK) mit dem Stück „Erhebe Deine Stimme“, verlegt bei Front Records in Falkenhain. Außerdem die Gruppe Confident of Victory, die ihr Stück „The Unfeeling“ bei Gjallahorn Klangschmiede in Ludwigshafen an die Öffentlichkeit brachte. Alle vier Gruppen sind dem rechtsradikalen Milieu zuzurechnen. Ihre Musik, so man es so nennen darf, erhält ein Jugendverbot und darf an Jugendliche nicht verkauft werden.

Video:

Neu unter den Filmen, die „jugendgefährdend“ sind, ist mit Kundmachung vom 31. Juli 2013 der Horrorfilm „The Forsaken – Die Nacht ist gierig“ (Sony Pictures Home Entertainment, München), der bereits 2006 in ähnlicher Form indiziert wurde. (Entscheidung Nr. I 31/13 vom 1. Juli 2013)

Vielfach kommen alte Horrorfilme aus den 1980er Jahren auf neuen Datenträgern heraus. Sie werden dann neu indiziert. Der Film „The House by the Cemetery“ (dt. Das Haus an der Friedhofsmauer) wurde bereits 1983 ediert, damals von UFA Werbefilm GmbH + ATB mit Sitz in Düsseldorf vertrieben und durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien mit der Entscheidung Nr. 1574 (V) vom 25. April 1983 (bekannt gemacht im Bundesanzeiger Nr. 116 vom 28. Juni 1983) als nicht-jugendfrei indiziert und vor Ablauf der in Deutschland gesetzlichen 25 Jahre-Dauer einer „Listung“ mit der Entscheidung Nr. 8201 (V) vom 20. Mai 2008 folgeindiziert. Nun kam das „Haus an der Friedhofsmauer“ mit englischen Titel als „Blue Ray“ wieder in den deutschen Heimkino-Markt hinein und daher wurde der Film mit Kundmachung am 30. September 2013 auch in der englischen Fassung indiziert und darf an Jugendliche nicht ausgegeben und verkauft werden. (Entscheidung Nr. I 35/13 vom 2. September 2013)

Beitrag mit weiteren Beispielen wird fortgesetzt…

Verwendete Quellen:
Deutscher Bundesanzeiger, BM f. Justiz, Berlin (Link)
Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, BPjM, Bonn (Link)
Nomos Verlag, Bonn (Link)

Marcus J. Oswald (Ressort: International, Deutschland, Medienrecht)

China schliesst Hollywood aus

Posted in China, International, Markenschutzrecht by Pangloss on 8. August 2011

Das TIME Magazine berichtet am 25. Juli 2011 über die chinesische Kinolandschaft. Westliche Filme sind dort so gut wie nicht zugelassen. Plattmacher Transformers 3 geponsert von Red Bull und Superfund, kann dort nicht gesehen werden. Auch Harry Potter kommt nicht in die chinesischen Kinos. (Foto: Cover TIME, 25. Juli 2011)

(Wien, im August 2011) Über China weiß man durch das Internet wenig, was am „Goldenen Schild“ liegt. Diese sogenannte „Große Firewall“ wurde 1998 geplant und angeblich 2006 fertig erstellt. Manche Webseiten meinen Zahlen nennen zu müssen, was das Geheimdienstprojekt gekostet hat: Die nicht-zitierbare „Grauquelle“ Wikipedia mit ihren Pseudonymautoren stellt eine Zahl ins Internet und entblödet sich nicht, als Belegquelle ausgerechnet das staatliche „China Central Television“ (CCTV) heranzuziehen. „Eine halbe Milliarde Euro“ (oder 800 Mio US-Dollar) seien zwischen 1998 und 2006 in das Abwehrschild gesteckt worden. Wer’s glaubt wird selig.

So faszinierend China in seiner Größe und Art ist, so wenig kann man als europäischer Zehntagestourist über das Land wissen. Der Vater des Autors dieser Zeilen war mit dem Buchkirchner Pensionistenverband 2011 in Peking. Er stand sogar auf der Chinesischen Mauer irgendwo auf einem der 8.851 Kilometer und bestaunte die alten Steine. Nach der Reise heimgekommen meinte er, dass es schön war, aber das Reisepensum für 2011 damit erfüllt ist. „Sonst habe ich meinen Swimmingpool umsonst gebaut“, so der SPÖ-Obmann des Buchkirchner Pensionistenverbandes. Wahre Worte. Wozu in die Ferne schweifen, wenn es zu Hause auch schön ist.

Über China kann man wenig wissen. Selbst wenn man Stammgast in Wiener Massagesalons wäre und Hongkong-Chinesinnen ein paar Worte deutsch beibringen möchte. Das Land ist zu groß, zu weit weg, zu sehr von Mystik umgeben, zu viel alte Mystik der Dynastien, zu viel neue Mystik der Milliardäre und Parochialisten. Staatsdirigismus, Einkindpolitik, „Volkseigentum“ von hin man sieht, schlappe 3.000 Abgeordnete im Parlament.

Das Land des falschen Lächelns setzt auf Kommunismus. Im Prinzip gilt alles als gut, was dem Staat zukommt. Kein Land sieht bei der Produktpiraterie so weg wie China und sanktioniert es nicht. In allen Schwarzen Hitlisten zum Angriff auf Markenschutz steht China auf Position 1. Kürzlich tauchte die Stadt Kunming zwei Mal in kurzen Abständen in deutschsprachigen Medien auf. Am 5. August 2011 schrieb der „Standard“ erneut über die bisher gänzlich unbekannte Stadt. Dort wurde durch Spione nicht nur das Produktsystem „Ikea“ in Europa ausgeleuchtet, um Waren zu kopieren, sondern man baute gleich das ganze IKEA-Geschäft nach. Samt kurzem Bleistift und Block, den gelb-blauen Signalfarben und den Selbstbaumöbel.

Kunming tauchte vor einem Monat bereits in deutschsprachigen Medien auf. Das Düsseldorfer „Handelsblatt“ berichtete auf einer ganzen Seite, dass in der Stadt fünf Apple-Stores zu finden sind, die Apple-Produkte verkaufen und die exakt so aussehen wie puristische Apple-Shops aussehen, mit dem Haken, dass Apple nichts davon weiß und kein einziges Geschäft von Apple lizenziert ist. So sind sie, die Chinesen.

Lächeln ist nett, aber nur nett, wenn es echt ist. Die Staatswirtschaft ist eine Planwirtschaft auf den Schultern der westlichen Marktwirtschaft und Forschung und Entwicklung. Das TIME Magazine vom 25. Juli 2011 berichtet auf der Seite 10 eine Analyse des TIME-Korrespondenten Fareed Zakaria, der den chinesischen Kinomarkt beleuchtet. Es ist insoweit interessant, weil der Korrespondent davon ausgeht, dass China theoretisch mit seinen 1.3 Milliarden Einwohnern (parallel zu Indien, Anm. Autor) der größte Kinokonsum-Markt sein könnte.

Der Bericht hebt mit dem schönen Satz an: „On any particularly hot day this month, people around the world will do what they have done for decades: go to an air-conditioned movie theatre an watch a summertime blockbuster. The latest biggest movie is Transformers: Dark of a Moon, which has broken box-office records in the U.S. and in many of the 110 other countries in which it has been released.“ Doch schon im nächsten Satz stellt der TIME-Autor fest, dass das in einem Land nicht der Fall ist: In China.

Weder Harry Potters letzter Streich, noch andere 3D-Leinwandreisser (wie eben der genannte „Transformers 3“ rund um wandelbare Blechriesen, die die Welt retten), sind in China zu sehen. Der chinesische Kinomarkt ist der expansivste der Welt. Drei Kinos werden pro Tag eröffnet.

China hat bisher 6.200 Lichtspielhäuser und könnte für jeden Filmproduzenten aus Hollywood oder Bollywood oder Paris oder München ein großer „Abnehmermarkt“ für Filmkopien sein. Das staatliche Ministerium erlaubt das aber nicht.

Grund: Aktuell läuft in China ein großer patriotischer Film aus Anlass des 90-jährigen Staatsjubiläums in den Kinos. Er heißt „Beginn der Großen Erneuerung“ und gilt als aufwendigste chinesische Filmproduktion aller Zeiten. Es ist eine Mao-Biografie. Der Streifen, der China huldigen soll, wurde am 16. Juni 2011 in 6.000 (!) Kinos gleichzeitig gestartet. Doch der Kartenverkauf läuft schleppend und blieb hinter den Erwartungen, obwohl im Epos fast hundert in China bekannte Schauspieler Hauptrollen einnehmen. Trotz tausender Freitickets bleiben die Kinos fast leer. Dazu kamen negative Kritiken im Internet, die etwas später durch das „Goldene Schild“ zensuriert wurden. Auf Saugwebseiten, wo der Film auch schon gelandet ist, etwa auf VeryCD, wurde der Film von 90% der User als „Trash“ eingestuft. Also: Mist.

Auch am IMDb-Portal (Internet Movia Database), das Amazon betreibt, hat der Film zwar bereits – nicht unüblich für das Portal – 3.923 Bewertungen, aber nur, und das zählt, 2.1 Stars von 10. Der Film wird also – vorsichtig ausgedrückt – als nicht besonders gut gelungen bewertet.

[Vergleiche: Ein anderer Heldenmythos, hergestellt mit einem Schmalbudget, „Rocky“ (1976) hat 8.1 Sterne (wertvoll) und selbst der etwas zähe Opa-Abklatsch „Rocky Balboa“ (2006) bringt es auf 7.3 Sterne. Oder „Deer Hunter“ (1979) hat 7.3 Sterne und „Kramer gegen Kramer“ hat 7,7 Sterne. „Der Letzte Kaiser“ (1987) hat 7.8 Sterne. Und „Chinatown“ (1974) hat 8.4 Sterne.]

Freilich muss man mit den Bewertungsportalen kritisch ins Gericht gehen. Am beliebten IMDb-Portal, das 1990 von Amazon gegründet wurde, werden meist U.S. Produktionen kommentiert. Das Portal ist Sprachrohr der Hollywood-Produktionen und die Bewertungen dort geben den Ausschlag, was auf Amazon als „beliebt“ eingeschätzt und gekauft wird. Filme aus Russland, dem arabischen Raum oder aus China sind meist außerhalb der Wahrnehmung. Indische Bollywood-Filme kommen schlecht weg („seicht“), nur dann nicht, wenn irgendwelche langhaarige Schönheiten darunter sind und es hitverdächtige Musicalfilme sind. Jede Region der Welt hat ihre Filmcommunity und jene am IMDb-Portal ist eben geprägt durch Hollywood.

Daher hat der Pekinger Chef der „New Film Association“ ministeriell verlautbart, dass solange kein ausländischer Film mehr in chinesischen Lichtspieltheatern gezeigt werden darf, ehe „Beginning of the great revival“ 800 Millionen Yuan (oder: 124 Millionen US-Dollar) eingespielt hat.

Schon bisher war der chinesische Kinomarkt für westliche Hersteller kein guter Boden: Hollywood-Studios bekommen pro verkaufter Karte nur 13%, während am Rest des Globus 50% üblich sind. Zudem gibt es ein Jahreslimit: Nach einer staatlichen Quote dürfen nur 20 Filme aus dem Westen im Jahr importiert werden.

Warum das so ist, kann man sich an allen zehn Fingern abzählen: Die Produktpiraterie von westlichen Filmen ist fest in chinesischer Hand. Man will, wie bei anderen Waren, aus zweiter Hand verdienen. Und vielleicht, das könnte auch sein, eine eigene Filmindustrie aufbauen. Mit Filmen wie diesen. Die in westlichen Portalen miserabel bewerten werden.

Der chinesische Film rüstet auf. Pünktlich zum 100. Jubiläum des chinesischen Films 2005 begann man mit der Errichtung des größten Filmstudios von China in Peking. Dort ist Sitz der China Film Group. Chairman Han Sanping (im Bild auf linker Seite bei Eröffnungsrede am 31. Juli 2008) ist auch der Produzent des Staatsepos Beginning of the great revival. (Quelle: Arri News, Fachmagazin in englischer Sprache, September 2008, S. 8-13)

China hängt nicht nur „Google“ die Rute ins Fenster, sondern auch anderen westlichen Einflüssen wie „Facebook“. Die eigene Suchmaschine „Baidu“ soll ausgebaut werden. Und die Filmindustrie.

Filmtradition seit 1905

Laut Chef der „China Film Group“ Han Sanping hat der erste Lauffilm Chinas 1905 das Licht der Welt erblickt (Titel: „Ding Jun Shan“, Regie: Ren Qingtai). Daher feierte man 2005 „100 Jahre chinesischen Film“ und setzte das staatliche Bauprogramm für das zentrale chinesische Filmstudio CFG um. Dessen Slogan lautet: „Just bring your script, money and key actors – we do the rest“. Die Eckdaten des Studios berichtet das in München in englischer Sprache erscheinende Magazin „ARRI News“ in der September-Ausgabe 2008: Es steht auf einem Gelände mit 150.000 Quadratmetern. Startbudget war: 300 Mio U.S. Dollar (2 Mrd RMB). Es gibt 16 Abteilungen auf einem gesamten umbauten Büroraum von 40.000 Quadratmeter. Herzstück ist das größte Studio Asiens, das 5.000 Quadratmeter misst („super-sized studio“) und dessen Equipement an nichts zu wünschen übrig lässt. Das Lager für die Studios und Einheiten umfasst 16.000 Quadratmeter und Hauptausstatter ist die Firma ARRI. Die Arnold & Richter Cine Technik GmbH & Co. Betriebs KG, wie die Münchner Firma im Langtitel heißt, machte ein Riesengeschäft mit China – man lieferte Kamera-Feinheiten wie ARRICAM, ARRIFLEX 435 xtreme oder ARRI 235 und ARRI lighting Systeme nach Peking.

Die Filmstadt hat am Gelände 52 Tonstudios für Postproduktion und Schnitt, 10 Studios für visuelle Spezialeffekte, 6 Studios für Farbnachbearbeitung, sowie 10 Studios für Trickfilm und 3D-Produktion. Außerdem gibt es ein 410 Quadratmeter großes Tonstudios am Gelände, das für Postproduktion und Synchronistation genutzt wird. Dass die Firma ARRI aus München in China das Geschäft des Lebens machte, zeigt sich daran, dass man auch für als Ausrüster mit vier ARRILASERs und drei ARRISCANs für Datenerfassung und Druckverfahren (Filmplakate, Tickets) in Betrieb hat. ARRI ist in Peking „Hauptausstatter“, da die Chinesen den Deutschen mehr Vertrauen schenken als amerikanischen Herstellern (etwa Panavision).

„China Film Group“- Chef Han Sanping gibt im Interview mit der ARRI News Auskunft, wie es um den chinesischen Filmmarkt derzeit bestellt ist: Das „Box Office“ (Einnahmen an der Kinokasse) hat 2007 – im Vorfeld der Olympischen Spiele 2008 – um 53% (zu 2006) zugenommen. 2007, und diese Zahlen sind bekannt, wurden in China rund 2.000 Spielfilme produziert, wobei 20% durch die „China Film Group“ direkt hergestellt wurden (402 Filme für Kino und TV). Viele Filme werden in Neuseeland gedreht, die Postproduktion läuft dann in China. Diesbezüglich ist man liberaler als man im Westen glaubt. 2007 war der bekannteste Film „Warlords“ (Regie: Peter Chan). 2008 produzierte die CFG 80 Spielfilme für Kino und 200 Filme für TV, dazu rund 500 Episoden für TV-Serien. 2008 kam auch der HD-TV Film „Dream of the Red Chamber“ heraus, der über einen Star der Pekinger Oper der 40er Jahre handelt.

Erfolgreichster China-Film aller Zeiten: The Red Cliff – Part 1 (2008, Trailer)

Erolgreichster China-Film aller Zeiten: The Red Cliff – Part 2 (2009, Trailer)

Der teuerste und an Kinokassen erfolgreichste Film aller Zeiten, der je in China hergestellt wurde, ist laut CFG-Chef Han Shaping „The Red Cliff“ (Regie: John Woo, 2008) und zwar der Teil 1. Er kostete 80 Mio U.S. Dollar Produktionsgeld und spielte allein in China mehr als 43 Mio U.S. Dollar ein (300 Mio RMB). Im gesamten Raum Asien spielte Red Cliff mehr ein als „Titanic“. Da die „China Film Group Cooperation“ auch der zentrale Filmvertrieb für ganz China ist (6.200 Kinostätten) und dem längst in Los Angeles lebenden Regisseur und Produzenten Woo nur 13% pro Ticketerlös überwiesen werden, sind Chinesen alle Erfolge Recht. Ob aus Eigenem oder durch den Vertrieb in das Kinonetzwerk auf chinesischem Boden.

Für die Jahre 2009 und 2010 errechnete der Chef der „China Film Group“, dass die Kassenerlöse chinesischer Produktionen in China im Vergleich zu 2005 und 2006 um 100% gesteigert werden. Nur bei einem Film scheint es nicht so recht zu klappen. Das blutige Drama rund um die Entstehung der (heute) weltweilt größten kommunistischen Partei (Mitglieder je nach Quelle: 79 Millionen bis 92 Millionen Menschen) scheint im Kino die Chinesen nicht zu fesseln.

Hier der China-patriotische Film in voller Länge. Denn in die österreichischen Kinos wird er vermutlich nicht kommen.

Ein bisschen Produktpiraterie – einmal umgekehrt – darf schon sein. Allerdings muss man dazu Mandarin lernen. Oder doch Stammgast bei Hongkong-Masseusinnen werden und den Film mit ihnen gemeinsam anschauen.

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Abweichende Ergänzung:

Entgegen zum „Time“-Magazine, das am 25. Juli 2011 in seiner Ausgabe behauptet, dass weder „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes II“ noch „Transformer 3“ Eingang in den 6.200 chinesischen Kinos fänden, berichtet das Münchner Magazin „Focus“ in seiner Ausgabe vom 8. August 2011 (32/2011) auf Seite 88, dass „Harry Potter China erobert“. Im 39-Zeiler heißt es, dass Harry Potter seit Filmstart im Mitte Juli weltweit bereits „eine Milliarde Dollar“ eingespielt hat und „nach dem verzögerten Filmstart in China am vergangenen Wochenende“ (gemeint: Anfang August 2011, Anm. d. Autor) dürfte noch etwas dazukommen. „Die Branche schätzt, dass er im Reich der Mitte den Auslandsumsatz um 100 Millionen auf deutlich über 800 Millionen Dollar steigert.“ Demnach bekam „Harry Potter“ in China doch Zulassung. Auch „Transformers 3“ habe laut „Focus“ (32/2011, S. 88) in China bereits „113 Millionen Dollar“ eingespielt, nach den USA („340 Millionen Dollar“) Platz zwei. Falls zumindest die „13%“ vom Kartenpreis, die das „TIME Magazine“ als Provision für Produzenten von Auslandsfilmen in China errechnet, stimmen, bleibt dennoch der Löwenanteil in China.

Zu China erschienen in den letzten Wochen in Österreich interessante Berichte:

Am 27. Juni 2011 widmete das Magazin „Profil“ (26/2011) China sogar die Titelseite: „Böses China“ heißt es darin und man zeigt einen düsteren chinesischen Soldaten. Als „brutale Diktatur“ wird China bezeichnet. Im Heft findet sich im Partezetteldesign auf Seiten 60 bis 69 dann aber wenig Neues. Man sehnt die „große Revolte“ herbei und feiert einmal eine Seite lang den überschätzten Ai Weiwei ab. Man zitiert dann einen Schriftsteller (Bei Ling), einen Zeitungskorrespondenten der „Süddeutschen Zeitung“. Eine Druckseite ist ein „Zitate-Wald“, in dem einzelne Worte zu China lose nebeneinander gestellt werden. Auf gar zwei Seiten lässt man den „Dissidenten“ Wei Jingsheng über China plaudern, obwohl dieser nach 18 Jahren Haft ab 1978 seit 1997 China nicht mehr betreten hat und nur gelernter Elektriker ist, sich nun aber als großer Politik-Experte aufspielt. Schön, dass man ihn hofiert, vor allem gleich in Paris. Die acht Seiten runden eine Besprechung zu einem Sachbuch von Henry Kissinger ab, das schlicht „China“ heißt.

Am 18. Juli 2011 kam auf den Fuss, was klar war. In „Profil“ (29/2011) folgte ein Interview mit dem chinesischen Botschafter in Wien, Shi Mingde. Dieser forderte das, da der Bericht „Böses China“ doch einseitige Züge durch den Autor Robert Treichler hatte. Der Botschafter legt klar, dass der so genannte Menschenrechtsfaktor in einem großen Land wie China nur ein Teil des Ganzen ist. Der Gesandte klärt auf, dass China 1949 ein Bruttosozialprodukt der Wertschöpfung von 35 U.S. Doller hatte, hingegen dieses 2011 bei 3.080 Dollar pro Kopf liegt. „Wir haben 200 Millionen Menschen von Armut befreit“, so der Botschafter im Interview. „Das ist eine große Leistung, die man anerkennen muss. Wir haben immer für Demokratie gekämpft. Aber wie wird Demokratie verwirklicht? Das muss den Verhältnissen im jeweiligen Land entsprechen. Die Europäer können nicht ihre eigenen Maßstäbe für die ganze übrige Welt setzen. Wenn die Existenz der 1.3 Milliarden Menschen verbessert wird, ist das eine Verbesserung der Menschenrechte.“ An einer anderen Stelle im Interview, das sich über drei Druckseiten zieht, sagt Botschafter Mingde: „1949 hatten die Chinesen eine Lebenserwartung von 35 Jahren, jetzt sind es 76 Jahre.“ Zur Internetnutzung sagt der Botschafter und auf „Sperren“ bestimmter Wörter wie „Jasmin“ angesprochen: „Aber beachten Sie die Fakten: Die Zahl der Internet-Benutzer in China wachse jährlich um 30 bis 40 Prozent. Wo gibt es das noch?“ Auf die naive Frage des „Profil“, dass es „doch gut sei, dass jeder im Internet verbreiten kann, was er will“, antwortet der Botschafter: „Da gibt es auch Pornografie, radkale politische Slogans und Terrororganisationen, die das Internet als Plattform benutzen.“ Ai WeiWei sei übrigens weniger wegen seiner Sturheit unter Polizeibeobachtung, sondern wegen Steuerhinterziehung, so der Botschafter. Noch etwas sagt er: Es gibt in China „acht demokratische Parteien, die in China mitregieren“, die „leitenden Kader dürfen maximal zwei Perioden im Amt bleiben. Wenn man das mit einigen europäischen Ländern vergleicht, sind wir viel weiter.“ Außerdem werden in „600.000 Gemeinden und Kreisveraltungen die Vorsteher direkt gewählt.“

Das Thema „Internet und China“ hebt am 12. Juli 2011 die „Oberösterreichischen Nachrichten“ auf eine ganze Druckseite. Unter dem Titel „Wie China per Internet die Diktatur stärkt“ thematisiert man auf Seite 3 die Abschottungsstrategie Chinas. Autor Bernhard Bartsch pusht Ai Weiwei und seinen Twitter-Eintrag Ende Februar 2011, wo er davon sprach, dass er einen „Wuamo“ interviewen will. Er zahle 2000 Yuan (200 Euro). Wuamos sind „Internetagenten“, die für geringe Beträge von der Regierung bezahlt werden, dass sie kampfposten. Die „Online-IMs“ folgen einer „Anweisung für den Aufbau eines Systems für Internetkommentare“. Von der Kreisebene abwärts gäbe es solche „Wuamos“ („fünf Groschen“) und landesweit zirka 4.000 Gruppen, die Untergruppen führen. Die OÖN berichtet, dass am 3. März 2011 1.450 Spitzenkadern Chinas ein geheimes Papier zugestellt wurde, das auf zwei frühere Anweisungen des ZK Bezug nimmt. Ein Hongkonger Verleger hat das Papier berichtet. Sinn sei es, Nachrichtenströme zu lenken und zu beeinflussen. Da Facebook und Twitter in China nicht frei empfangbar sind, werden Sperren umgangen. Da die Partei Berichte zu Korruption nicht schätzt, auch keine Bilder von Demos und dergleichen, wird die öffentliche Meinung gesteuert. „Die öffentliche Meinung muss 24 Stunden am Tag in Echtzeit beobachtet werden“, heißt es im Papier. Das geschieht mit „positiven Informationen“ und Lenkungen der öffentlichen Meinung. Im Westen nennt man das „Krisen-PR“. Der „Wuamo“ soll angeblich 5 Cent pro Beitrag, den er schreibt, bekommen. Übrigens, auch das geht aus dem Bericht der OÖN hervor: Zwei Millionen Soldaten und Militärpolizisten in China haben keinen Zugang zum Internet. Zu sensibel wären die Daten. Wikileaks hatte einen Bradley Manning, aber keinen Sun Sun.

Marcus J. Oswald (Ressort: International, China, Markenschutztrecht)

Stefan Raab erhält höchsten Jackpot aller Zeiten – 185 Euro-Millionen

Posted in Deutschland, International, Medienalltag by Pangloss on 11. Mai 2011

Sohn eines Fleischhauers: Stefan Raab. Nun mit höchstdotiertem TV-Vertrag der deutschen Fernsehgeschichte.

(Wien, im Mai 2011) Stefan Raab ist so etwas wie der Zinedine Zidane des Fernsehmarktes. Variantenreich, wendig, stark im Abschluss. Auch einen Kopfstoß würde man ihm nachsehen, weil es der Gesamtkunst nicht schadet. Er ist das omnipräsente Metzgergesicht im deutschen Fernsehen.

Der Sohn eines Fleischhauers aus Köln-Sülz, der im elterlichen Betrieb Wurstverkäufer war und einmal fünf Semester Jus studiert hatte, das aber sein ließ, um Werbejingles zu machen, begann 1993 seine Laufbahn im Fernsehen mit einer Sendung am Musikkanal „Viva“. Entdeckt wurde er von einem späteren Endemol-Produzenten, Erfinder von „Big Brother“. Man war sich sofort sympathisch. Raab bekam die Sendung „Vivavision“ und führte in einem Kuriositätenkabinett hinter einem Schreibtisch Gäste aus der Musikszene vor. Die Sendung lief bis Ende 1998. Ab 1999 startete „TV Total“, eine an bekannte „Late Night“-Shows angelehnte Trash-Talk-Sendung.

1999 erschien ein umfangreiches Comedy-Lexikon. (Foto: Bucharchiv Oswald 1090)

Im Comedy-Lexikon, das 352 Seiten hat, hat Stefan Raab im Jahr 1999 nur acht und ein Fünftel Zeilen. Andere Comedies bekommen weit mehr Raum. Doch er kommt später ganz groß raus. (Foto: Comedy-Lexikon, Imprint Verlag/Schwarzkopf&Schwarzkopf Verlag, Berlin 1999, S. 242.)

12 Jahre später. Nach mehreren Teilnahmen am Eurovisionssongcontest, Duzenden verlorenen Prozessen rund um die Sendung „TV Total“ wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten an diversen Hinz- und Kunz-Menschen, die medial in seinen Sendungen eine unfreiwillige Rolle bekamen (Stichwort: Maschendrahtzaun) und nach einer drei Jahre laufenden Samstag-Kolumne in der „BILD Zeitung“ (2001-2003) fliegt er heute ein Privatflugzeug der Marke TBM, einen Hubschrauber und hat die Villa im Nobelviertel von Köln mit dem Zufahrtsschild „Privatstraße“. Seine Produktionsfirma Raab TV stellt im Jahr 2010 320 Stunden Fernsehen her. Laut Spekulationen von deutschen Zeitungen verdient er mehr Geld als das andere Glied zur seichten Fernsehunterhaltung: Dieter Bohlen.

Im April 2011 schloß der heute 44-Jährige einen Vertrag mit dem Sender ProSiebenSat1 (P7S1), der der werthaltigste in der deutschen Fernsehbranche ist. Er ist auf fünf Jahre angelegt und vor allem: teuer. Während man in Österreich Beschwerde führt, dass der ORF in Dominik Heinzl einige Millionen Euro investiert und diesem ein neues Studio um zwei Millionen Euro für Society-Sendungen baut, lässt man sich in Deutschland Fernsehen mit Showstars tatsächlich etwas kosten. Man ahnt, dass sie im errechneten Rückfluss aus dem Quotienten Einschaltmasse durch Werbesekundenschalte etwas bringen.

Jauch kostet pro Sendung 200.000 Euro

So zahlt die öffentlich-rechtliche ARD laut Düsseldorfer „Handelsblatt“ (15./16. April 2011, S. 1) im Jahr an die Produktionsfirma des Günther Jauch 10,5 Millionen Euro. Der ewig jugendliche Jauch macht dafür eine Sendung pro Woche, die er auch moderiert. Eine Sendung kostet damit 200.000 Euro.

Raab kostet pro Sendewoche (vier Sendungen) 700.000 Euro

Stefan Raab gibt es vergleichsweise billig. Die ProSieben-Gruppe setzt 185 Millionen Euro auf fünf Jahre in seine Aktie in der Hoffnung, dass sie nicht fällt. Abgeschlossen wurde der Vertrag zwischen dem Privatsender und der börsenotierten Produktionsfirma „Brainpool AG“, in dessen Geflecht die „Raab TV GmbH“ mittlerweile zur Gänze als Tochterfirma integriert ist. Raab war mit 25% an der Brainpool AG am viertel Teil, die er nach einem Hälfteverkauf der Kölner Unterhaltungsfabrik nach Frankreich (2009) auf ein Achtel (12,5 %) reduziert hat.

P7S1 investiert somit 700.000 Euro pro Woche in die Kreativität des 44-Jährigen, dessen Kretaivfirma 150 Personen beschäftigt. Dafür macht Raab an der Rampe vier Mal pro Woche Show und das, was Publikum sehen will: Kalauer, Wortwitz, Affronts, Beleidigungen, Provokationen. Das geschieht auch in vielstündigen Sondersendungen wie „Schlag den Raab“ (Minimum 3,5 Stunden live), „Schlag den Star“ und andere Line Extensions mit Raab vorne drauf.

Das Hamburger Manager Magazin bespricht den größten Fernsehdeal der deutschen Mediengeschichte im Heft Mai 2011. (Source: Zeitungsarchiv Oswald 1090)

Das Hamburger „Manager Magazin“ analysiert das an Summe teuerste TV-Geschäft in Deutschland in seiner Ausgabe Mai 2011 (S. 12 f.). „Mit einem 185-Millionen Euro-Deal ist der Alleinunterhalter zur Nummer eins der Gilde geworden“, hält das Hamburger Magazin für Führungskräfte eingangs fest. Man mosert aber auch: „Raab, der sich einst als Alternative hiesiger Show-Ideologen positioniert hatte, ist nun selbst Teil des Establishments.“

Für Stefan Raab herrscht aktuell dichtes Programm auf ProSiebenSat1: Er brachte 2010 das 18-jährige Mädchen Lena Mayer-Landrut heraus, die den EU-Song Contest gewann. Sie will das Eisen schmieden, solange es glüht. Am 14. Mai 2011 tritt sie gleich noch einmal an und will den Titel für Deutschland verteidigen. Dazu gibt es auf den TV-Kanälen, denen Raab zuliefert, rund 30 Stunden Vorberichterstattung.

Brainpool machte, so das „Manager Magazin“, im Jahr 2009 8,3 Millionen Euro Gewinn, wovon aber fünf Millionen aus dem Raab-Sektor kommen. Der ProSiebenSat1-Vertrag mit der Firma „Brainpool“ sei mit Werbung „knapp finanzierbar“, zitiert das „Manager Magazin“ Leitungspersonal aus dem TV-Sender. Die Quoten in der Zielgruppe 14-49 sind bei Raab-Sendungen nach wie vor hoch, aber brechen gleichzeitig weg wie die Antarktis. Quoten einzelner Raab-Sendungen hätten sich von 2005 bis 2010 „halbiert“.

Raab verdiente im Jahr 2009 gut und gern acht Millionen Euro

Immer wieder wird über sein eigenes Verdienst per anno spekuliert. Misst man es mit den Gagen der österreichischen Industriemanager, die maximal 2,5 Millionen Euro verdienen, überfügelt Raab dieses weit. Fünf Millionen Euro jährlich sei seine Gage. Dazu kommen Anteile an den Gewinnausschüttungen der Brainpool AG (laut Manager Magazin 2009: 12 Mio Euro). Da er auch als Musikermanager antritt, etwa bei Song Contest-Siegerin Lena, werden allein aus den CD-Verkäufen rund 1,5 Mio Euro Provision für ihn berechnet. Ein Tropfen auf den heißen Stein sind die Klagen gegen Medien, die er anstrengt, wenn Privates geschrieben wird.

Stefan Raab lüftet in seinen Sendungen gerne die Privatheit anderer, schirmt sich selbst aber durch zumindest drei Anwälte ab. Er klagt auch Zeitungen und schickt vorab Anwaltsbriefe aus, wenn Zeitungen seine Wurzeln durchleuchten wollen. Das Münchner Magazin FOCUS brachte in Ausgabe am 25. Oktober 2010 einen Versuch einer Feldrecherche. (Source: Zeitungsarchiv Oswald 1090)

Das Magazin „FOCUS“ wurde nicht geklagt, aber es fand auch wenig heraus. In der Ausgabe 43/2010 versuchte man auf sieben Druckseiten (S. 160-166) Privates zur öffentlichen Figur Stefan Raab zu finden, fand aber wenig. Man stöberte ein Jahresfoto aus dem Aloisiuskolleg in Bonn auf, eine Privatschule, in der er 1986 Abitur machte. Man gabelte seinen Pfarrer auf, seinen Trafikanten, seine Kaserne, in der er Wehrdienst machte. Trotz sieben Seiten Länge bleibt das Ergebnis schaumgebremst und merkwürdig sperrig. Die Puzzlestücke ergeben keine Einheit. Das geschieht meist dann, wenn man eingeschüchtert ist.

Das Magazin „Focus“ wurde durch Manager und Anwälte des Stefan Raab bereits vorab eingeschüchtert, die den vier Münchner Journalisten, die den Beitrag „Will der nur spielen?“ verfassten, Journalismus erklären wollten. Sein Management drohte dem Magazin „Focus“ vorab an, dieses künftig vom Informationsfluss zu Raab-Projekten auszuschließen, wenn man Recherchen mache. Seine Kölner Anwälte schickten, ebenso im Voraus, eine Warnung ab, die klar machte, dass Stefan Raab auch weiterhin die öffentliche Meinung über ihn instrumentalisieren werde und kein Ausleuchten zulasse.

Schaumgebremster Bericht

Solche unentspannten Dinge, die man sonst nur von Medienunerfahrenen kennt, wirken nach. Sie hemmen Kreativität und Spielfreude. Sie wirken wie ein Maulkorb und eine Schere im Kopf. Das ist im gesamten Focus-Artikel spürbar, der mit gezogener Handbremse verfasst ist und viel Nebensächliches beschreibt, aber kaum harte Fakten liefert, wie genau der große Aufstieg des heute 44-jährigen Stefan Raab tatsächlich funktionieren konnte.

Ein Mann, der laut „Manager Magazin“ bereits im Juni 2010 seine Plattenfirma „Roof Groove Publishing“ nach Genf verlagert hat. „Wegen der schönen Aussicht“, mutmaßt das Führungskräftemagazin in einem sarkastischen Tonfall. Keineswegs aus steuerlichen Anreizen. Ganz sicher.

Denn dann wäre er wohl wie Frank Stronach nach Zug gegangen, der dort seine Beraterverträge abrechnen lässt. In Zug zahlt man nämlich kaum mehr als 10 Prozent Einkommenssteuer. Weshalb man Zug als Steueroase bezeichnet. Und nicht Genf.

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Verwendete Quellen:

Comedy-Lexikon. Berlin 1999. Schwarzkopf & Schwarzkopf (Lexikon Imprint Verlag)
Focus. 43/2010, 25. Oktober 2010. S. 160-166. – Im Zeitschriftenhandel um 3,70 Euro zu beziehen.
Handelsblatt. 15./16. April 2011. S. 1. – Im Zeitschriftenhandel um 2,90 Euro zu beziehen.
Manager Magazin. 5/2011. S. 12-14. – Im Zeitschriftenhandel um 8,50 Euro zu beziehen.

Marcus J. Oswald (Ressort: Medienalltag, International, Deutschland)